Wo liegt Ihrer Meinung nach in Zukunft die größte Baustelle in der Kinder- und Jugendpolitik?

Ich glaube, dass wir gleich mehrere Baustellen in der Kinder- und Jugendpolitik haben.
Die Gewichtung darüber, welche davon die „größte“ ist, möchte ich gar nicht vornehmen, denn jeder jeweils Betroffene würde das aus seiner Lage heraus anders beurteilen.
Aber hier zwei Beispiele:

INKLUSION
Im Zuge einer gelingenden Inklusion müssen wir Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf ihr individuelles Recht auf Bildung zusichern, d.h. sie miteinbeziehen, ihnen in ausreichender Zahl Schulplätze in der Regelschule verschaffen und ideale Lernbedingungen ermöglichen.
Vorab muss sich das Denken durchsetzen, dass „anders sein“ auch normal ist und jeder Mensch mit anderen Fähigkeiten ausgestattet ist und respektiert wird.
Egal ob mit, oder ohne Handicap: jeder Schüler und jede Schülerin bringt sein/ihr individuell verschiedenes Lerntempo mit.
Es wird in der Realisierung noch viel Zeit, Kreativität, Mühe und letztendlich auch Geld kosten,
aber ich bin zuversichtlich: sechs weitere Grundschulen in Bonn starten im Schuljahr 2012/13 mit dem Gemeinsamen Unterricht.
In der nächsten Ratssitzung am 28.06.12 werden wir diesen Schulen hoffentlich per mehrheitlichem Ratsbeschluß die einmalige Zahlung von jeweils 5000 Euro als Starthilfe gewähren. Wünschenswert wäre es, wenn wir mehr, als bisher acht, von den weiterführenden Schulen für Gemeinsamen Unterricht begeistern könnten.
Das Thema Inklusion betrifft mehr, als nur den Schulbereich, und grundsätzlich alle Personengruppen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

KINDERARMUT
Sofern überhaupt bekannt, wird gerne übersehen, dass in Bonn mehr als 15000 Kinder in Kinderarmut leben müssen.
Denn wer Hartz IV- Empfänger ist, oder Sozialhilfe bekommt, dem stehen pro Kind rund 120 Euro im Monat zur Verfügung, also etwas mehr als 3 Euro pro Tag.
Als Kind damit an der Gesellschaft teilzuhaben wird unmöglich- allein mit Gutscheinen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sind z.B. Sportvereinsgebühren, Sportschuhe und Nachhilfestunden (um einige Beispiele zu nennen) nicht ausreichend finanzierbar.
Wie finanzieren sich z.B. ein Kindergeburtstag, ein Klassenausflug, ein Sammelgeschenk, ein Musikinstrument?
Ein weiteres Paar Schuhe, wenn die Kinderfüße innerhalb eines Jahres um zwei Schuhgrößen gewachsen sind?
Als Stadtratsmitglied kann ich keine Bundes- oder Landesgesetze ändern.
Ich kann allerdings die Weiterentwicklung der OGS (Offene Ganztagsschule/qualifizierte Betreuung in der Grundschule nach Schulschluss) als Instrument der Armutsvorbeugung vorantreiben. Dort wird Kindern nach Schulschluss ein warmes Mittagessen bereitgestellt, sowie Hausaufgabenbetreuung und Förderung zuteil.
Dieses Jahr haben wir weitere 330 OGS Plätze geschaffen. Wir brauchen noch mehr.

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